Eierlesen - ein lebendiger Brauch
Das Eierlesen findet jedes Jahr am Weissen Sonntag, dem ersten Sonntag nach Ostern, statt. Was einst eine sportliche Herausforderung für junge Männer war, ist heute ein fröhlicher Wettkampf für Gross und Klein. Der Turnverein Aesch organisiert den Anlass und hält den Brauch am Leben. Früher sammelten die Turner in der Osterwoche die Eier von Haus zu Haus. Heute werden Geldspenden gesammelt, um die Kosten zu decken.
Bis in die 1970er oder 1980er Jahre fand das Eierlesen in der Herrengasse, der heutigen Bahnhofstrasse, statt. Dann verlegte der TV das Eierlesen zum Neumattschulhaus, da der Verkehr in der Bahnhofstrasse zunahm. 2024 wurde der Anlass erstmals beim Pfarreiheim durchgeführt, da auf dem Schulhausplatz nicht mehr genügend Platz zur Verfügung stand.
Der Wettkampf
Die Eier liegen in einer langen Reihe auf dem Boden. Jedes zehnte Ei ist farbig und gekocht, die anderen sind roh. In Teams oder einzeln rennen die Läufer los, um die Eier aufzusammeln und in mit Spreu gefüllte Wannen zu werfen – möglichst schnell und unbeschadet. Doch das ist leichter gesagt als getan: Eier rollen weg, rutschen aus den Händen oder zerbrechen schon beim Aufheben. Nicht selten landet ein Ei, das sein Ziel verfehlt, auf dem Kopf eines Zuschauers, was für schallendes Gelächter sorgt. Das Publikum fiebert mit, gibt lautstark Anweisungen und kommentiert das Geschehen mit träfen Sprüchen, die den Spass am Wettkampf zusätzlich anheizen. Die Helfer mit den Wannen müssen genauso flink sein wie die Läufer. Der Wettkampf begeistert Gross und Klein.
Eine Tradition im Wandel
Anfang des 20. Jahrhunderts geriet das Eierlesen fast in Vergessenheit. Nach einer Pause von 20 Jahren belebte der TV Aesch 1936 den Brauch wieder. Heute nehmen Frauen und Kinder teil. Das Eierlesen ist ein Fest für alle Generationen.
Die Eier kommen nach dem Wettkampf in die Küche. Aus ihnen werden Gerichte wie Eierdätsch, Spiegeleier und Eiersalat zubereitet. Der Tag endet in geselligem Rahmen.
Geschichtlicher Hintergrund
Es gibt verschiedene Hinweise, die als Quellen der Eierleset angegeben werden. Eine Schilderung aus dem Welschland in der ausgeführt wird, wie es zum Eierlesen gekommen sei sagt aus, dass eine junge, hübsche Bürgerstochter, welche in der Nähe von Lausanne diente, ihre Hand einem Metzgerburschen versprochen hatte. Der Sohn der Herrschaft umwarb das junge Mädchen ebenfalls und liess nicht locker, bis sie ihm die Gunst schenkte und mit ihrem Verlobten brach.
Dieser konnte den Verlust nicht verschmerzen und sann auf Rache an dem Patriziersohn. Er lauerte ihm eines Nachts im Schlosspark auf, und als er mit seiner Aufforderung an den Verhassten, er solle die Hände von seiner Verlobten lassen, nur Hohn und Spott erntete, erstach er kurzerhand seinen Nebenbuhler.
Der Metzgerbursche wurde verhaftet und nach kurzem Prozess zum Tode verurteilt. Mit diesem Richterentscheid waren die Metzgerburschen von Lausanne nicht einverstanden und machten folgenden Vorschlag:
"Das Gericht möge einen jungen Mann von den Freunden des Ermordeten bestimmen der 120 rohe Eier, jedes eine Elle vom anderen entfernt, und in gerader Linie auf einer öffentlichen Strasse gelegt, aufheben müsse, um sie dann in ein Leintuch zu werfen. Während dieses Vorganges habe der Verurteilte unter Begleitung von Bewaffneten eine vom Gericht bestimmte Strecke zu Fuss und ohne irgendwelche Begünstigung zu begehen."
Der Wettlauf endete mit dem Sieg des Metzgerburschen, der am Ziel eintraf bevor sein Gegner mit dem Auflesen der Eier fertig war. So rettete er seinen Kopf aus der Schlinge.
Quelle: www.aesch.bl.ch, abgerufen am 03.03.2023